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Wein - Der älteste der Welt

Schwarzweiss Dienstleistungs GmbH
2025-04-19 19:27:00 / Kommentare 0
Wein - Der älteste der Welt - Archäologie-Sensation: Ältester Wein der Welt in Spanien gefunden

Der älteste flüssige Wein der Welt: Eine archäologische Sensation aus Spanien

Ein spektakulärer Fund im Herzen Andalusiens

Im Jahr 2019 wurde im südspanischen Carmona, nahe Sevilla, ein archäologischer Fund gemacht, der weltweit für Aufsehen sorgte: In einer unberührten römischen Grabkammer fanden Forscher eine Glasurne mit einer rötlich-braunen Flüssigkeit. Nach jahrelanger Analyse steht fest: Es handelt sich um den ältesten bekannten flüssigen Wein der Menschheitsgeschichte – rund 2000 Jahre alt und damit ein einzigartiges Fenster in die römische Antike.

Ältester Wein der Welt - Römer

Wie kam es zur Entdeckung?

Die Entdeckung war ein Zufallsfund: Bauarbeiter stießen bei Renovierungsarbeiten auf einen unterirdischen Hohlraum. Archäologen legten daraufhin ein aufwendig gestaltetes Familiengrab aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. frei. Neben sechs Urnen mit menschlicher Asche fiel eine besonders auf: Sie war mit einem goldenen Siegel verschlossen und enthielt neben Knochenresten und einem Siegelring eine große Menge Flüssigkeit – ein Umstand, der in der Archäologie höchst selten ist.

Die wissenschaftliche Analyse: Was steckt in der 2000 Jahre alten Flüssigkeit?

Wie wurde der Wein untersucht?

Das Forscherteam um Prof. Dr. José Rafael Ruiz Arrebola von der Universität Córdoba nutzte modernste Methoden, um die Zusammensetzung der Flüssigkeit zu entschlüsseln. Im Labor kamen unter anderem folgende Verfahren zum Einsatz:

  • Flüssigchromatographie (HPLC)
  • Massenspektrometrie
  • Infrarotspektroskopie
  • Vergleichende Mineralstoffanalysen

Ergebnisse der Untersuchung

Untersuchungsmerkmal Ergebnis Bedeutung für die Identifikation
Farbe & Konsistenz Rötlich-braun, klar, keine Ausflockungen Hinweis auf Wein, keine mikrobiellen Zersetzungsprodukte
pH-Wert 7,5 (neutral) Deutlich höher als bei modernen Weinen, bedingt durch Knochenasche
Polyphenole Nachweis von Tyrosol, Kaffeesäure, p-Cumarsäure Eindeutige Marker für Wein aus Trauben
Syringinsäure Nicht nachweisbar Typisch für Weißwein, da Rotwein diesen Stoff enthält
Mineralstoffprofil Ähnlich wie heutige Fino-Sherrys Deutet auf lokale Herkunft und traditionelle Herstellung hin
Alkoholgehalt Nicht mehr nachweisbar Alkohol verdunstet über Jahrhunderte, trotzdem typische Weinmarker
Mikroorganismen Keine aktiven Keime Hermetische Versiegelung verhinderte Zersetzung

Spannendes Detail: Die chemische Signatur des Weins ähnelt modernen Sherrys aus Jerez und Montilla-Moriles – ein faszinierender Hinweis auf die Kontinuität der Weinbautradition in Andalusien.

Wein und Totenkult: Die Bedeutung in der römischen Gesellschaft

Warum wurde Wein ins Grab gelegt?

In der römischen Kultur spielte Wein eine zentrale Rolle – nicht nur als Genussmittel, sondern auch im religiösen und sozialen Leben:

  • Rituelle Bedeutung: Wein galt als Trankopfer für die Götter und als Wegbegleiter für die Seele ins Jenseits. Die „libatio“, das Ausgießen von Wein auf den Boden, war fester Bestandteil römischer Bestattungsrituale.
  • Sozialer Status: Nur wohlhabende Männer erhielten Weinbeigaben. Frauen bekamen meist Parfüm oder Schmuck – ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Rollenverteilung.
  • Symbolik: Der Gott Bacchus (griechisch Dionysos) stand für Fruchtbarkeit, Rausch und den Kreislauf von Leben und Tod. Viele Grabfresken zeigen Weinreben, Kelter-Szenen und Opfergaben.

Beispiel aus dem Alltag: In Pompeji wurden Amphoren mit Weinsiegeln gefunden, die auf bestimmte Jahrgänge und Herkunftsgebiete hinweisen – ein Beleg für die hohe Wertschätzung des Weins und die frühe Entwicklung von Markenbewusstsein.

Römische Wein Analyse

Was macht diesen Fund so besonders?

Römischer Wein aus Speyer

Vergleich mit anderen historischen Wein-Funden

Der berühmteste Vergleichsfund ist die „Speyerer Weinflasche“ aus einem römischen Grab bei Speyer (Deutschland), die auf etwa 325–359 n. Chr. datiert wird. Sie ist jedoch ungeöffnet und ihr Inhalt wurde nie analysiert.

  • Der spanische Wein ist rund 300 Jahre älter als der Speyerer Fund.
  • Er wurde erstmals vollständig analysiert – ein Meilenstein für die Archäochemie.
  • Flüssiger Wein über zwei Jahrtausende ist eine archäologische Sensation.

Was lernen wir daraus?

  • Konservierung: Die Kombination aus luftdichter Versiegelung, mineralischer Knochenasche und stabilem Mikroklima im Fels sorgte für die außergewöhnliche Erhaltung.
  • Weinbaugeschichte: Die Ähnlichkeit zu heutigen Sherrys zeigt, wie langlebig regionale Weintraditionen sind.
  • Archäologische Methoden: Moderne Analytik macht es möglich, jahrtausendealte Flüssigkeiten zu entschlüsseln – ein Gewinn für Wissenschaft und Kulturerbe.

Expertenkommentar: Andreas Hopson über die Bedeutung des Fundes

„Als experimenteller Archäologe und Römerfan beeindruckt mich an diesem Fund vor allem, wie zufällige Umstände dazu geführt haben, dass der Wein über zwei Jahrtausende hinweg flüssig blieb. Die Römer haben damals sicherlich nicht gezielt Methoden zur Konservierung von Wein für die Ewigkeit entwickelt. Vielmehr war es eine glückliche Kombination aus einer luftdicht verschlossenen Urne, der mineralhaltigen Asche und den konstanten Bedingungen im Felsengrab, die diesen außergewöhnlichen Erhaltungszustand möglich gemacht haben.

Die wissenschaftliche Analyse zeigt, dass manche Traditionen und Geschmäcker bis heute weiterleben. Die Ähnlichkeiten zu modernen Weinen aus Andalusien sind ein faszinierendes Beispiel für die Beständigkeit regionaler Kultur und Handwerkskunst.

Solche Funde machen Geschichte auf besondere Weise erlebbar. Sie zeigen, wie eng unser Alltag mit der Vergangenheit verwoben ist und wie viel wir aus zufällig erhaltenen Objekten über das Leben, die Rituale und die Vorlieben früherer Gesellschaften lernen können.“

FAQ: Die wichtigsten Fragen zum ältesten Wein der Welt

Kann man den antiken Wein noch trinken?

Rein chemisch wäre es möglich, da keine gefährlichen Mikroorganismen nachweisbar sind. Geschmacklich wäre der Wein jedoch durch den hohen pH-Wert und die Knochenasche vermutlich ungenießbar.

Wie wurde der Wein konserviert?

Die Urne war luftdicht verschlossen, die Asche wirkte als Konservierungsmittel und das Felsengrab sorgte für konstante Temperaturen – ideale Bedingungen für die Erhaltung.

Warum ist der Fund für die Forschung so wichtig?

Er erlaubt erstmals eine vollständige Analyse eines antiken Weins, gibt Aufschluss über römische Weinherstellung und -kultur und zeigt, wie eng moderne und antike Weintraditionen verbunden sind.

Gibt es ähnliche Funde?

Der Speyerer Wein ist der bekannteste Vergleichsfund, jedoch nie geöffnet worden. Flüssiger antiker Wein ist weltweit eine absolute Seltenheit.

Was sagt der Fund über den Alltag der Römer aus?

Wein war ein Statussymbol, ein Ritualgetränk und Ausdruck von Lebensfreude. Seine Bedeutung reichte vom Alltagsgenuss bis zur spirituellen Praxis.

Fazit: Ein Fenster in die Vergangenheit – und in unsere Gegenwart

Der Fund des ältesten flüssigen Weins der Welt ist weit mehr als eine archäologische Kuriosität. Er verbindet Wissenschaft, Geschichte und Alltagskultur auf einzigartige Weise. Die Erkenntnisse reichen von der Chemie der Konservierung bis zur Sozialgeschichte des römischen Reiches und zeigen: Unsere Liebe zum Wein ist uralt – und bleibt ein faszinierender Teil unserer Identität.

Quellen und weiterführende Literatur

Bildquelle:

  • Weinflasche Speyer - Carol Raddato
Andreas Hopson Autor - Experte für experimentelle Archäologie seit über 25 Jahren
Andreas Hopson - Der Römer Shop

Über den Autor: Andreas Hopson

Andreas Hopson forscht, rekonstruiert und vermittelt seit mehr als 25 Jahren römische Alltagsgegenstände und die Handwerkstechniken antiker Mosaizisten im Rahmen der experimentellen Archäologie. Seine Expertise stützt sich auf eine Kombination aus Quellenstudium, praktischer Umsetzung und aktiver Netzwerkarbeit in Fachverbänden.

  • Deutscher Archäologen-Verband (DArV)
  • West- und Süddeutscher Verband für Altertumsforschung e.V.
  • sowie Teil des Projekts Phoenix Pompeji, das eng mit der Soprintendenza Archäologica Neapel kooperiert.

Seine Publikationen, Workshops und Rekonstruktionen unterstützen Museen, Schulen und Forschungseinrichtungen dabei, antikes Handwerk lebendig und nachvollziehbar zu vermitteln.

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