Frisuren der Römerinnen: Römische Perücken, Mode und Bedeutung
Die Frisuren der Römerinnen sind ein faszinierendes Spiegelbild antiker Gesellschaft, Mode und Identität. Von schlichten Knoten bis zu aufwendigen Hochsteckfrisuren mit kunstvollen Perücken – die Haartracht der römischen Frau war weit mehr als nur ein modisches Accessoire. Sie zeigte Stand, Alter, Zeitgeist und sogar politische Zugehörigkeit. Dieser Artikel bietet einen fundierten Einblick in die Welt der römischen Frisuren, beleuchtet die Rolle von Perücken (capillamentum) und gibt praxisnahe Impulse für Schule, Museum und Living-History-Projekte.
Definition: Was sind römische Perücken?
Eine römische Perücke – im Lateinischen capillamentum oder galerus genannt – ist ein künstliches Haarteil, das im antiken Rom von Frauen (und vereinzelt auch Männern) getragen wurde. Sie diente dazu, den eigenen Haarwuchs zu ergänzen, Haarausfall zu kaschieren oder besonders aufwendige Frisuren zu ermöglichen. Besonders beliebt waren Perücken aus blonden Haaren, oft gefertigt aus dem Haar gefangener Germaninnen.
Quelle: Der Römer Shop
Historischer Überblick: Frisuren der Römerinnen im Wandel
Von der Republik zur Kaiserzeit
- Frühe Republik: Schlichte, gescheitelte Frisuren, meist als Knoten (nodus) im Nacken gebunden.
- Kaiserzeit: Aufwändige Hochsteckfrisuren, Locken, geflochtene Zöpfe, kunstvolle Haarteile und Perücken nach dem Vorbild der Kaiserinnen.
- Sozialer Status: Frisuren und Perücken zeigten Stand, Alter und Modebewusstsein.
„Überhaupt ist die Frisur von größter Wichtigkeit: Mag eine Frau noch so sehr mit Gold, Kleidern, Juwelen und allem erdenklichen Schmuck herausgeputzt daherkommen – wenn sie ihre Haare vernachlässigt, bekommt sie doch ein ‚schmucke Person!‘ nicht zu hören.“
– Apuleius, Metamorphosen II 9,1-5
Die Mode der Kaiserinnen: Vorbilder für alle
Die Frisuren der Römerinnen orientierten sich stark an den Damen des Kaiserhauses. Was die Kaiserin trug, wurde zum Trend für die Oberschicht und schließlich für alle gesellschaftlichen Schichten. Besonders unter den flavischen Kaisern (1. Jh. n. Chr.) waren extravagante Hochsteckfrisuren mit mehreren „Stockwerken“ modern, die nur mit Hilfe von Perücken und Haarteilen möglich waren.
Quelle: Forum Traiani
Techniken und Werkzeuge: Wie entstanden die Frisuren der Römerinnen?
- Haarnadeln (acus): Aus Knochen, Bronze, Silber oder Gold gefertigt, zum Fixieren der Frisur.
- Haarnetze (reticulum): Zum Zusammenhalten und Schmücken der Haare, oft mit Golddraht durchzogen.
- Brennschere (calamistrum): Zum Formen von Locken und Wellen.
- Haarbänder (vitta): Für den Halt und als Schmuck.
- Perücken und Haarteile: Für Volumen, Länge oder Farbeffekte.
Die Ornatrix – Die Friseurin der Römerinnen
Wohlhabende Römerinnen beschäftigten eine ornatrix – eine speziell ausgebildete Sklavin, die für Haarpflege und Frisuren zuständig war. Die Arbeit konnte mehrere Stunden dauern und war nicht immer ungefährlich: Ein falsch gesetzter Lockenstab oder eine lockere Strähne konnten zu Wutausbrüchen der Herrin führen.
„Je eitler eine Frau war, umso gefährlicher lebten ihre Dienerinnen: Hysterische Ausbrüche über ein einziges, falsch sich lockendes Härchen, eine einzige sich lösende Nadel, steigerte sie zu körperlichen Attacken.“
– Forum Traiani
Perücken im Alltag: Motive und Materialien
- Kaschieren von Haarausfall: Durch Alter, Krankheiten oder übermäßigen Gebrauch von Färbemitteln und Brennscheren.
- Mode und Status: Besonders blonde Perücken galten als modern und begehrt.
- Material: Echte Menschenhaare, bevorzugt von Germaninnen, aber auch tierische Haare.
- Fachgeschäfte: In Rom gab es spezialisierte Perückenmacher, vor allem in der Nähe des Circus Flaminus.
Auch Männer nutzten Perücken, meist um eine Glatze zu verbergen oder inkognito zu bleiben.
Quelle: Der Römer Shop
Frisuren der Römerinnen im Überblick: Typen und Bedeutungen
Frisurtyp | Merkmale | Bedeutung/Verwendung |
---|---|---|
Nodus | Mittelscheitel, Haare im Nacken zum Knoten gebunden | Typisch für Matronen, schlichte Eleganz |
Tutulus | Haare als hoher Kegel auf dem Kopf, mit Bändern fixiert | Traditionelle Brautfrisur, religiöse Bedeutung |
Flavische Hochsteckfrisur | Mehrstöckige Lockentürme, oft mit Perücken | Mode der Kaiserzeit, Statussymbol |
Pferdeschwanz, Zöpfe | Geflochten, oft mit Bändern verziert | Alltag, junge Mädchen |
Perücken (capillamentum) | Blond, rot oder schwarz, aus Menschenhaar | Modisches Statement, Kaschieren von Mängeln |
Authentische Beispiele: Frisuren nachmachen im Unterricht und Museum
Praxisbeispiel: Living-History-Workshop
In zahlreichen Living-History-Projekten und Museumsworkshops habe ich erlebt, wie motivierend das Nachstellen römischer Frisuren für Schüler:innen und Besucher:innen ist. Besonders beliebt ist die Nachbildung der Frisur der Kaiserin Livia: Mit etwas Geduld, Haarnadeln und einem Haarteil lässt sich der berühmte Lockenturm nachbauen. Die Begeisterung ist groß, wenn die eigene Frisur plötzlich aussieht wie auf antiken Münzen oder Statuen!
Erfahrungen aus dem Schulunterricht
Im Lateinunterricht der Sekundarstufe I/II bietet das Thema „Frisuren der Römerinnen“ einen idealen Zugang zu Alltagsgeschichte und Genderfragen. Die Schüler:innen sind erstaunt, wie viel Aufwand und Bedeutung hinter den antiken Frisuren steckte. Besonders spannend ist der Vergleich mit heutigen Schönheitsidealen und der Einsatz von Perücken in verschiedenen Epochen.
Projektvorschlag für den Unterricht: „Römische Frisuren erleben“
Ziel: Die Schüler:innen lernen die Vielfalt und Bedeutung römischer Frisuren kennen und setzen eine historische Frisur praktisch um.
Material: Lange Haare (oder Haarteile/Perücken), Haarnadeln, Bänder, Spiegel, ggf. Anleitungsvideos oder Bilder.
Durchführung:
- Kurze Einführung: Bedeutung der Frisuren und Perücken im alten Rom
- Gruppenarbeit: Jede Gruppe wählt eine Frisur (z. B. Nodus, Tutulus, flavische Hochsteckfrisur)
- Nachstellen der Frisur an Mitschüler:innen oder Puppenköpfen
- Präsentation der Ergebnisse mit kurzer Erläuterung
- Reflexion: Was sagt die Frisur über die Trägerin aus? Welche Parallelen gibt es zu heute?
FAQ: Häufige Schülerfragen zu Frisuren der Römerinnen
- Trugen alle Römerinnen Perücken?
- Nein, Perücken waren vor allem bei wohlhabenden Frauen und in der Kaiserzeit verbreitet. Viele Römerinnen trugen ihr eigenes Haar, oft ergänzt durch Haarteile.
- Woraus bestanden römische Perücken?
- Meist aus echtem Menschenhaar, bevorzugt blond oder rot. Besonders begehrt waren Haare von Germaninnen. Es gab aber auch Perücken aus Tierhaaren.
- Wie lange dauerte das Frisieren einer Römerin?
- Je nach Komplexität der Frisur konnte das Frisieren mehrere Stunden in Anspruch nehmen – besonders bei Hochsteckfrisuren mit Locken und Perücken.
- Gab es im alten Rom Friseure?
- Ja, aber vor allem für Männer. Wohlhabende Frauen hatten eigene Sklavinnen (ornatrices) als Friseurinnen.
- Warum waren blonde Haare so beliebt?
- Blonde Haare galten als exotisch und modern, da sie selten waren. Sie wurden oft aus dem Haar gefangener Germaninnen gefertigt.
Fazit: Frisuren der Römerinnen als Spiegel der Gesellschaft
Die Frisuren der Römerinnen zeigen eindrucksvoll, wie eng Mode, Identität und gesellschaftlicher Wandel miteinander verbunden sind. Perücken und Haarteile waren Ausdruck von Status, Modebewusstsein und Individualität. Für Schule, Museum und Living-History bieten sie einen lebendigen Zugang zur römischen Alltagskultur – und jede Menge Gesprächsstoff für junge und erwachsene Entdecker:innen!
Stand: 30. April 2025 – regelmäßig aktualisiert
Quellen und weiterführende Links
- Der Römer Shop: Römische Perücken
- Wikipedia: Perücke
- Forum Traiani: Römische Frisuren
- Forum Traiani: Römische Frisuren und Perücken
- Forum Traiani: Perücken sind Alltag
- GEOlino: Frisur einer römischen Kaiserin
- GEOlino: Gestylt wie die Römerin von Welt
- Schulen Düsseldorf: Kosmetik, Schmuck und Frisuren im alten Rom
- Antike Autoren: Apuleius, Metamorphosen II 9,1-5; Horaz, Oden; Juvenal, Satiren; Ovid, Ars amatoria